Delhi und der Weg zurück



Sonnabend, 10.03.2007

Pünktlich 12 Uhr rollten wir in der Old Delhi Station ein. Wir machten uns auf die Suche nach der Gepäckabgabe, der Zugang vom Bahnsteig war gesperrt. In einem Buchladen auf dem Bahnsteig gab es “Mein Kampf“ zu kaufen, und zwar auf deutsch. Den Eingang zum Gepäckraum fanden wir schließlich draußen neben einem Bistro.
Wir füllten die entsprechenden Formulare aus, tüteten unsere Rucksäcke ein und gaben sie ab. Erst wollte der Typ sie gar nicht nehmen, da man für die Abgabe einen gültigen Fahrschein für die nächste Fahrt braucht. Wir hatten ja nur unsere Scheine von der Herfahrt, aber er nahm unsere Rucksäcke trotzdem. Das kostete 10 Rs. pro Gepäckstück für diesen Tag, ein sehr fairer Preis.
Das Bistro sah sehr sauber und ordentlich aus, wir kehrten auf ein paar Kleinigkeiten ein.
Dann machten wir uns auf die Suche nach einem Rikschafahrer, der uns zum Baha’i Tempel und wieder zurück fahren sollte. Der Tempel lag ziemlich weit außerhalb, die Fahrt hin und zurück sollte 300 Rs. kosten. Na, dann mal los.
Wir fuhren eine gute dreiviertel Stunde durch Delhi, da sahen wir ihn.
Es war ein neuer, moderner Tempel mitten in einem sehr gepflegten Park gelegen. Wegen seiner Form wurde er auch Lotustempel genannt. Er diente zur Meditation der Anhänger der Baha’i Glaubensrichtung, stand aber allen Menschen und Religionen offen und war ein beliebtes Ausflugsziel.
Natürlich mussten auch hier die Schuhe abgegeben werden, dann wurden die Leute gruppenweise hinein gelassen. Die Lotusblume war innen eine gewaltige, fast 35 m hohe und freitragende Kuppel, die den riesigen Meditationssaal beherbergte. Für genügend Licht sorgten riesige Fensterbögen und geschickt versteckte Lichtschächte. Die Ruhe hier war trotz der vielen Menschen einfach himmlisch. Dafür das es auch so blieb, sorgten ein paar junge Frauen, die den Leuten immer wieder bedeuteten, nicht zu sprechen.
Unser Rikschafahrer wartete vor dem Gelände auf uns. Wir hatten eine Stunde ausgemacht, es wurde ein bisschen länger, aber da musste er durch.
Die Rückfahrt zog sich etwas hin, das Tuk Tuk war nicht mehr so ganz fit und quälte sich über die Brücken.
Von der Old Delhi Station gingen wir zum Ghandi Chowk, der Einkaufstrasse in Old Delhi. Das Chaos war entsprechend, Menschen über Menschen und Läden soweit die Strasse reichte. Wir schlenderten ein wenig durchs Gewühl und bogen auch in eine der zahlreichen Gassen ein. Diese waren ziemlich gut eingeteilt, so gab es eine Schuhstrasse, eine Tuchgasse; Hemden, Hosen, Taschen, Schmuck und Uhren, für alles gab es Strassen und Gässchen plus der Läden auf dem Ghandi Chowk.
Plötzlich liefen überall laut knatternd, qualmend und stinkend die Generatoren an, Stromausfall. Lärm und Qualm waren ziemlich heftig, so machte es keinen Spaß mehr und wir suchten das Weite. Witzig waren die Telefonstände, unter denen die Generatoren knatterten, wer sollte da wohl noch telefonieren.
Wir gaben unsere Hoffnung, hier ein Internetcafe zu finden auf und nahmen uns eine Fahrradrikscha zur New Delhi Railway Station, dort war der Mainbazar und dort gab es auch mit Sicherheit ein Internetcafe. Die Fahrt sollte nach ein bisschen Verhandeln 40 Rs. kosten und führte erst mal mitten in einen Stau. Zu Fuß wären wir jedenfalls schneller gewesen, aber wir wollten den Tag ja sowieso rumkriegen, also warum nicht unbequem sitzend auf einer Fahradrikscha? Irgendwann ging es weiter, mitten durch die schmalen und dunklen Gassen von Old Delhi. Unser Fahrer war ja kein Dummer und wollte sich die Fahrt über die Brücke sparen, kann man ja verstehen. So hielt er auf der Bahnhofsrückseite am äußersten Ende des Parkplatzes und meinte, wir wären da. Der Bahnhof war schon zu erahnen, wir ließen es dabei und gaben ihm sein Geld. Er schüttelte den Kopf und meinte es würde aber 50 Rs. kosten. Na, Du bist ja ein ganz Schlauer, dachte ich mir. Erst uns irgendwo in der Nähe des Ziels absetzen und dann auch noch mehr Geld haben wollen. Ich nahm das Geld wieder an mich, zuckte mit den Schultern und schickte mich an zu gehen. Und siehe da, nun waren die 40 Rs. doch in Ordnung.
Wir überquerten die Gleise auf der Fußgängerbrücke und gingen in den Main Bazar. Ein Internetcafe war schnell gefunden und wir schrieben unsere letzte Email. Dann hieß es noch ein bisschen Geld ausgeben, Steffi kaufte sich – was für eine Überraschung – eine Tasche, ich hatte mit mir und meinen Bauchschmerzen zu tun und somit keine Lust, mich groß umzusehen.
Irgendwann war es dunkel und wir nahmen uns eine Rikscha zur Old Delhi Station, um von dort mit einem Taxi oder Tuk Tuk zum Flughafen zu fahren. Dort würden wir die Nacht verbringen, es lohnte sich einfach nicht, für die paar Stunden ein Zimmer zu nehmen.
Der Preis war derselbe wie auf der Herfahrt, nur dass der Rikschafahrer diesmal über die Brücke musste. Er schlug sich mit Bravour und hatte sogar noch ein paar flotte Sprüche auf Lager. So gab es noch etwas Trinkgeld, dass er mit einem breiten Grinsen quittierte und uns alles Gute wünschte.
Ein etwas zu kurz geratener Mann erklärte uns, dass das Tuk Tuk zum Flughafen 200 Rs. kosten würde, Nachtzuschlag. Wir lachten ihn aus und zeigten auf die Uhr, er ließ sich zunächst nicht erschüttern. Wir gingen weiter, das beste Verhandlungsmittel. Nun kostete es 180 Rs., das war zwar immer noch zu teuer, aber wir ließen uns darauf ein, da wir noch ein bisschen Geld übrig hatten und der Fahrer ruhig auch was verdienen sollte.
Eine knappe Stunde später waren wir da. Der Flughafen in Delhi hatte nur ein Terminal, in das 4 Eingänge hineinführten. Kurioserweise durften British Airways Passagiere - so wie wir - nur durch das Tor 3 hinein und da hatte man doch, spätestens seit "Geh aufs Ganze" mit Jörg Draeger und dem Zonk, ein schlechtes Gefühl.
Nachdem wir brav angestanden und die Reihe der Wartenden abgewartet hatten, wurden von einem Militär unsere Flugscheine kontrolliert. Er meinte, wir wären zu früh dran und dürften noch nicht ins Terminal. Hä? Was war das gerade?
Wir diskutierten eine Weile mit ihm, es war ihm egal, wir waren zu früh und sollten drei Stunden vor Abflug wieder kommen. Na, das ging ja gut zu Ende. Da hatten wir Flugtickets in der Hand und durften nicht ins Terminal.
Er verwies uns auf die Visitor Lounge gegenüber des Terminals, dort sollten wir warten. Mal sehen. Da angekommen, wurden wir auf dem Weg hinein von einem Sicherheitsmenschen angehalten, der uns nach unseren Tickets fragte. Wir hielten ihm unsere Flugtickets unter die Nase. Nein, nicht die Flugtickets, die Eintrittkarten bitte.
Was für Karten?
Na, die Eintrittskarten, die man gleich neben dem Eingang kaufen musste. Wir starrten ihn ungläubig an, während er lächelnd auf eine Luke zeigte, hinter der ein Mann rosa Karten verkaufte. Das war zuviel. Nicht nur, dass wir mit bezahltem Flugticket in der Hand nicht ins Terminal kamen, jetzt sollten wir auch noch für die Wartehalle Eintritt bezahlen? Doch wie es so ist, alles diskutieren half nichts, bezahlen oder draußen bleiben. Also draußen. Die Temperaturen waren recht angenehm, außerdem war der Übergang vom Terminal zu dieser Super Lounge überdacht. Jetzt wussten wir auch, warum hier draußen so viele Leute herumlagen und nicht nur Inder.

Sonntag, 11.03.07

Wir machten es uns so gut es ging bequem und warteten die Zeit ab. Neben uns lagen vier Sikhs. Wir kamen mit ihnen ins Gespräch, es waren Brüder und einer von ihnen wollte auch nach London fliegen, allerdings einen Flug früher. Die anderen drei brachten ihn nur zum Flughafen. Das war eine sehr nette Geste, besonders wenn man bedachte, dass sie alle aus der Nähe von Amritsar kamen und die Zugfahrt schon mal 8 Stunden oder länger dauern konnte. Eine Tour wohlgemerkt.
Sie waren sehr nett und wie die meisten Inder ziemlich neugierig. Nachdem wir ihnen erzählten, dass wir in Amritsar am Goldenen Tempel waren und sie dann noch entdeckten, dass Steffi ein Buch von Vikram Seth las, hatten wir endgültig gewonnen und sie strahlten uns an. Da ihr Bruder früher flog, mussten sie los und verabschiedeten sich alle ganz lieb von uns. Eine Stunde später kamen sie zu dritt nochmal vorbei, ihr Bruder war abgeflogen und sie machten sich wieder auf die Heimreise. Aber nicht ohne sich nochmal von uns zu verabschieden und uns alles Gute zu wünschen. Auch für Euch nur das Beste und eine gute Heimfahrt.
Fünf Stunden vor Abflug durften wir dann kostenlos in den tollen Warteraum mit zwei Fernsehern und durchgesessenen Stuhlreihen und drei Stunden vorher waren wir dann tatsächlich auch schon im Terminal. Wie sich herausstellte, waren drei Stunden ziemlich wenig Zeit. Durch die verschärften Sicherheitskontrollen und die recht geringen Kapazitäten des Flughafens dauerte es schon 1 1/2 Stunden, bis wir unser Gepäck durch die Kontrolle gebracht und aufgegeben hatten. Es folgten die Ausreisekontrolle, die Handgepäckkontrolle, die Flugscheinkontrolle, eine 2. Flugscheinkontrolle, eine nochmalige Stichproben-Handgepäckkontrolle und dann waren wir nach knapp 3 Stunden pünktlich zur Abflugzeit unseres Fliegers an Bord, der sich mit einer Stunde Verspätung in die Lüfte erhob.
Der Service war wieder sehr gut, in der Luft war auf British Airways Verlass. Naja fast, die Spiele waren nicht aufrufbar, also sah ich mir Filme an. “The Departed“ war ziemlich gut und auch mit unseren Englischkenntnissen zu verfolgen, “Memento“ gab es unter anderem auch, den kannten wir zwar schon, ist aber ein Spitzenfilm und immer mal wieder gut anzusehen.
Mit der Verpflegung haperte es komischerweise immer bei Steffi. Wir hatten vegetarische Gerichte geordert, was ja auch soweit klappte. Nur fehlte bei Steffi ständig etwas, während meins immer komplett war. Lag vielleicht an dem weiblichen Personal ...
Nach ein paar Warteschleifen über London kamen wir dann fast pünktlich an und wurden mal wieder kontrolliert. War ja total unsinnig, da wir bei Abflug kontrolliert wurden und als Umsteigepassagiere den gesperrten Flughafenbereich nicht verlassen hatten. Aber was half es.
Hier wurden uns dann auch die letzten Wasserflaschen abgenommen, in Indien noch erlaubt, liessen die neuen EU Bestimmungen ja keine Flüssigkeiten über 100 ml im Handgepäck zu. Nur haben wir noch keine 100 ml Wasserflaschen gesehen, von denen man ja sowieso so viele brauchen würde, dass es wieder nicht erlaubt wäre. Es war einfach absurd.
Wir vertrieben uns die Zeit in den Geschäften und lauerten darauf, dass endlich das Gate für unseren Flieger auf den Tafeln angeschrieben wurde. Das passierte nicht. 20 Minuten vor Abflug sah es nach Verspätung aus, als plötzlich schon die “Boarding Time“ dran stand. Na wie lustig, erst langweilten wir uns fast und nun durften wir im gepflegten Eilmarsch zum Gate flitzen. Vielen Dank an die Londoner Schlafmützen.
Natürlich gab es unterwegs auch noch eine Kontrolle. Witzigerweise drängelte sich ein Mädel durch die Wartenden, entschuldigte sich und meinte ständig, sie müsste ihren Flieger nach Hamburg bekommen. Scheinbar hatte sie nicht bemerkt, dass alle hier diesen Flug bekommen wollten und der sicher auch nicht vorher fliegen würde. Uns war es egal, sollte sie doch durchlaufen, früher fliegen würde sie deswegen ja auch nicht. Die fast vier Wochen Indien hatten unsere Geduld und Gelassenheit scheinbar gut trainiert.
Unser Flieger landete mit leichter Verspätung in Hamburg. Und hier schafften wir es doch tatsächlich, uns mehr oder weniger zu verlaufen. London kein Problem, Delhi sowieso nicht, aber Hamburg.
Wir sind aus dem Flugzeug ausgestiegen und nicht in einen separaten Ankunftsbereich geleitet worden, sondern in den Abflugbereich. Den kannten wir zwar, nur haben wir uns von hier aus halt noch nie auf die Suche nach unserem Gepäck gemacht.
Auf unserem Flugschein stand noch Landung in Terminal 4, das es aber, seit den Jahren des Umbaus, nicht mehr unter dieser Bezeichnung gibt. Es wurde damals umgetauft in Terminal 1 und nach dem Bau des zweiten Terminals wurde dieses plötzlich Terminal 1 und das ehemalige Terminal 1 wurde Terminal 2.
Wir fragten einen Flughafenmitarbeiter, ja, T4 war jetzt T2. Also zur Gepäckausgabe von T2. Dort angekommen stellte sich heraus, dass unser Flug hier nicht angeschrieben war, ergo unser Gepäck hier auch nicht auftauchen würde. Zurück gehen ging nicht, da die Türen nur in eine Richtung aufgingen, also fragten wir mal wieder nach.
Wir müssten rausgehen, dann im Terminal 1 Ankunftsbereich wieder rein. Dort wäre am Ausgang eine Klingel, ein Mitarbeiter würde uns dann gegen Vorlage der Flugscheine hineinlassen. Das konnte doch nur peinlich werden.
Wurde es aber doch nicht, da glücklicherweise die anderen Fluggäste gerade rausmarschierten und die Türen somit offen waren. Also schnell durchgehuscht, dem Sicherheitsmenschen unsere Flugscheine gezeigt und unser Gepäck geholt, das schon ziemlich einsam seine Runden drehte.
Thomas und Susanne warteten schon auf uns, war doch immer wieder schön, wenn es mit dem Abholen klappte.
Und so endete unsere zweite Indienreise in Hamburg ausnahmsweise mal bei sonnigem Wetter, aber wie fast immer im Auto von Thomas. Vielen Dank!


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Delhi-Bilder




Old Delhi - Bahnhof



Old Delhi - Tor



Gasflaschentransport



Ghandi Chowk



Ghandi Chowk-Mittendrin



Neu im Kino



Müde



Männerstation



Lotustempel



Lotustempel



Lotustempel



Lotustempel - Innen



Lotustempel - Kuppel