Jaisalmer



Montag, 05.03.07

Nach einigen kürzeren Stopps hatten wir in Barmer eine halbe Stunde Aufenthalt. Leider gelang es uns nicht, den Bus zu verlassen, weil sich eine Unmenge an Leuten hinein und hinauf drängte, ruckzuck war der Bus und das Dach (sahen wir am Schatten) rappelvoll und wir eingepfercht. Bis Jaisalmer wurde es dann wieder übersichtlicher, auf dem Busbahnhof dort war letztendlich nichts los. So stürzten sich alle Schlepper und Tuk Tuk Fahrer auf uns drei. Wir blieben standhaft und ließen uns zum Ratan Palace fahren.
Die Zimmer waren sehr geräumig, das Doppelzimmer mit Bad kostete 350 Rs. pro Nacht. Wir ließen uns noch Zimmer im Renouka Hotel ein paar Meter weiter zeigen, beide Hotels gehörten zusammen. Hier waren die Zimmer günstiger, aber auch kleiner und nicht so gut ausgestattet, 250 Rs. pro Nacht kostete das Doppelzimmer mit Bad.
Wir quartierten uns ein, der Blick von der Dachterrasse (mit Restaurant) auf das Fort war grandios.
Zum Abend gingen wir ins Restaurant Trio essen. Es war etwas nobler, mit schönem Blick auf den dahinter gelegenen Palast. Das Essen war zwar gut, aber komischerweise gab es für meine Kofta und Steffis rajasthanische Tomatenspezialität die gleiche Sauce. Bis auf die gefüllten Tomaten war es dasselbe und das war doch etwas merkwürdig bei zwei grundverschiedenen Gerichten (laut Karte). Dafür war das Bier angenehm kühl. In den meisten Restaurants gab es Bier, es stand jedoch nur selten auf der Karte.

Dienstag, 06.03.07

Die Fensterläden unseres Zimmer hielten gut dicht und dunkel, so erwachten wir erst gegen 10 Uhr aus unserem komaähnlichen Schlaf. Es folgte ein ausgiebiges Frühstück auf der Dachterrasse, mittags machten wir uns dann auf den Weg zum Fort. In unserem Hotel konnte man auch Kameltouren buchen, 1000 Rs. für zwei Tage inkl. Übernachtung in der Wüste.
Gegenüber des Eingangstores zum Fort befand sich Adventure Travel, die in unserem Reiseführer sehr gut wegkamen. Hier sollte die Kameltour 650 Rs. pro Nase kosten und es sehr schöne Matratzen und Betten für die Übernachtung geben, 2x Frühstück, 2x Mittag, 1x Abendbrot, 6 Flaschen Wasser pro Person und Tag sowie Früchte inkl. Wir baten uns Bedenkzeit aus und statteten dem Fort einen Besuch ab.
Nachdem wir die vier recht imposanten Tore durchschritten hatten, kamen wir auf einem Platz mit dem Palast, Thron und Tempel an, von dem zahlreiche Gassen weiter ins Fort führten. Das Fort war voller Läden, Gästehäuser und Hotels und auch hier fuhren Mopeds und Tuk Tuks herum. Nachdem wir uns ausgiebig umgesehen hatten, gingen wir nochmal zur Agentur und buchten die Kameltour für die nächsten zwei Tage, Start morgen früh. 650 Rs. pro Tag und Person waren zwar nicht gerade das Billigste, aber die Betten und Matratzen hatten uns überzeugt und unser Budget gab es noch her.
Wir steuerten das Salim Singh Haweli an. Es war nicht weit vom Fort entfernt, kostete 15 Rs. Eintritt, Fotoerlaubnis nochmal 15 Rs. Ein Haweli ist im Grunde ein reich verziertes Kaufmannshaus aus Sandstein, dem Baustoff hier in Jaisalmer.
Wir waren zu sechst und bekamen einen Guide verpasst, der uns den Aufbau und die Räumlichkeiten erläuterte. Die Steine waren gesteckt und mit Metallklammern gehaltert, schließlich war hier Wüstengebiet, Wasser rar und Zement nicht bekannt oder verfügbar.
Zum Sonnenuntergang gingen wir nochmal ins Fort und klapperten den Nordteil ab. Hier gab es einen Aussichtspunkt mit gutem Blick auf die Stadt und den Sonnenuntergang.
Zum Abendbrot kehrten wir in Monika’s Restaurant ein. Uns wurde die Spezial Kofta nach Art des Hauses ans Herz gelegt, es war die beste Kofta, die ich bisher gegessen hatte.
Dann hieß es noch Emails schreiben, das Internetcafe am Ghandi Chowk bekam uns als Gäste für 30 Rs. die Stunde.
Im Hotel zahlten wir unser Zimmer, morgen würde es früh losgehen.

Mittwoch, 07.03.07

6.20 Uhr wurden wir abgeholt. Wir sammelten noch ein Mädel namens Frederike ein, unsere Tour fand also zu dritt statt. Unser Gepäck ließen wir in der Agentur.
Nachdem der Chef uns Seife und Streichhölzer – “for burn the toiletpaper“ – in die Hand gedrückt hatte, ging es in einer komfortablen Großraumlimousine los. Wir fuhren etwa eine Stunde und kamen schließlich am Lager der Kamelführer an.
Hier gab es Frühstück in Form von Toast und Marmelade, gekochten Eiern und Tee, alles frisch vom Feuer. Unsere Kamele wurden eingefangen und beladen, dann wurde es ernst. Nach dem Aufsitzen war klar, dass es schmerzhaft werden würde.
Das Wetter war prächtig, strahlender Sonnenschein und ein laues Lüftchen. Die erste Etappe erstreckte sich über ca. drei Stunden. Die Wüste war ziemlich grün, der letzte Regen wohl noch nicht allzu lange her. Wir sahen Antilopen und Wüstenfüchse herumflitzen, wilde Kamele, Mäuse, Pfauen, Eidechsen, Geier und noch anderes fliegendes und krabbelndes Getier. Unterwegs hielten wir an einem Dorf und wurden sofort von Kindern umringt, die uns ständig an den Hosentaschen rumfummelten und unsere Uhren haben wollten. Eine Weile ließen wir es uns gefallen, aber es war kein Ende der Belagerung abzusehen. Um der Taschenfummelei ein Ende zu machen, haute ich zwei von den Kindern mal kräftig auf die Finger – zwei auf einen Streich – hob drohend den Zeigefinger und schüttelte den Kopf. Das hatte gewirkt, scheinbar war ich der Erste, der ihnen jemals auf die Finger geklopft hatte.
Wir sollten uns noch ein Wohnhaus mit Familie ansehen, lehnten aber einstimmig ab, da wir es etwas seltsam fanden, in fremder Leute Häuser herumzulaufen. Also ging es weiter.
Die Mittagspause verbrachten wir sehr ausgiebig und entspannt unter einem schattigen Baum. Das Essen kochte unser Führer, er entpuppte sich als fabelhafter Koch und netter Kerl. Wir wissen leider nicht, wie sein Name geschrieben wurde, der Aussprache nach ungefähr: 'Ab Ganam Tjahey'.
Eine Herde kleiner Ziegen gesellte sich zu uns, ihnen gefiel der Baum scheinbar auch. Sie waren einfach zu drollig mit ihren Schlappohren, ihrer Neugier und Unbekümmertheit.
Während der Pause wurden unsere Kamele komplett abgesattelt und abgeladen, ihre Vorderläufe etwas zusammengebunden – damit sie nicht so weit ausbüchsten – und dann laufen gelassen. Gegen halb 4 Uhr machte sich der Begleiter unseres Führers dann auf die Suche, sammelte sie wieder ein und gegen 4 Uhr ging es weiter.
Die letzte Etappe des Tages führte uns zu einer Sanddüne, etwa 1 ½ Stunden Ritt. Hier würden wir übernachten. Natürlich blieb unser Eintreffen nicht unbemerkt, eine Schar Hirtenjungen kam zu uns gelaufen und setzte sich ein bisschen abseits hin. Während unsere Begleiter das Abendessen zubereiteten, inspizierten wir ein wenig die Gegend und genossen den Sonnenuntergang.
Das Essen war wieder sehr lecker, inzwischen war es dunkel und ein lange nicht mehr so schön gesehener Sternenhimmel breitete sich aus. Wir saßen noch ein bisschen am Feuer zusammen und erzählten, dann baute unser Führer unsere Betten und wir zogen uns zurück.
Die Szenerie war irgendwie unwirklich. Die weißen Betten im Wüstensand, ein Kamel, das sich zu uns gesellt hatte, das Lagerfeuer mit unseren Begleitern, alles wirkte irreal.
In die Betten gekuschelt, schauten wir uns noch eine Ewigkeit die Sterne an, es war schon eine Weile her, dass wir die Milchstraße gesehen hatten. Gegen 22 Uhr ging der Mond auf und vertrieb den Sternenhimmel. Es wurde unglaublich hell, fast wie am Tag, entsprechend unruhig schliefen wir. Zudem war es sehr kühl bzw. kalt geworden, ich war froh, dass ich meine Winterwollmütze mit im Gepäck hatte.

Donnerstag, 08.03.07

Ich erwachte zufällig genau zum Sonnenaufgang, den wir, wie schon den Mondaufgang, vom Bett aus sehen konnten. Unsere Begleiter waren schon auf, das Wasser kochte über dem Feuer und es gab Tee und Kaffee ans Bett, was für ein Service. Zum Frühstück gab es neben Toast, Marmelade und Eiern noch ziemlich gutes Porridge.
Eine Gruppe Mädchen kam vorbei, mit großen Schalen transportierten sie irgendetwas auf ihren Köpfen. Sie waren kaum über die Düne verschwunden, kamen sie auch schon wieder zurück, ohne Schalen. Scheinbar hatten sie Zeit und wir waren wohl interessanter als ihr Transport. Auch die Jungs waren schon wieder da. Unsere Zeit war allerdings begrenzt, so verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Heimweg.
Der Rückweg verlief in etwa wie der Hinweg, 3 Stunden bis zur Mittagspause und dann nochmal 1 ½ Stunden nach dem Mittag. Das mag sich nicht viel anhören, aber für uns ungeübte Reiter war es Schwerstarbeit. Was aber nicht heißen soll, dass es uns nicht gefallen hatte. Eine halbe Stunde vor dem Ziel gab Steffi auf, ich gesellte mich zu ihr und wir gingen das letzte Stück zu Fuß.
Im Kamellager angekommen, verab-schiedeten wir uns von unseren Begleitern und wurden zur Agentur zurückgefahren. Inzwischen war es 18 Uhr, wir schnappten uns ein Tuk Tuk und fuhren zum Bahnhof, um Fahrkarten für den nächsten Tag nach Delhi zu kaufen. Die Schlange am Schalter war ziemlich lang, aber es war ja noch 2 Stunden Zeit und wir hofften, bis dahin unsere Fahrkarten erstanden zu haben.
Es sah auch gut aus, bis drei Soldaten an der Reihe waren, die scheinbar eine Sammelbestellung für ihre Kompanie zu kaufen hatten. Allein für diese Soldaten brauchte der Typ am Schalter eine Stunde. Und so kam es, wie insgeheim befürchtet: 20 Uhr und noch drei Leute vor uns machte der Schaltermann Feierabend. Schön, dass wir 2 Stunden hier rumgestanden haben.
Alles diskutieren half nichts, wir sollten morgen wieder kommen. Na, ganz große Klasse. Das hieß wieder ein paar Stunden anstehen und nochmal die Tuk Tuk Fahrt hin und zurück bezahlen.
Mächtig bedient machten wir uns auf den Weg zurück in die Stadt, ein Zimmer für die Nacht hatten wir auch noch nicht. Um diese Uhrzeit gab es am Bahnhof keine fahrbaren Untersätze mehr, wir gabelten an der Straße ein Tuk Tuk auf und ließen uns zum Ghandi Chowk fahren. Das Renouka Hotel war voll, wir gingen ins Ratan Palace für 300 Rs pro Nacht und Zimmer ohne Außenfenster. Zimmer und Bad waren sehr geräumig, nur wimmelte es von Mücken. Zuerst sollte es kein Warmwasser mehr geben, weil im Hotel nix los war und es sich nicht lohnen würde, den Boiler anzuschalten. Das war heute mit Sicherheit keine Option, wir sagten, dass wir dann wieder gehen würden und schon hatten wir eine halbe Stunde später warmes Wasser und konnten duschen.
Noch schnell das Moskitonetz aufgebaut, den Wecker gestellt und in eine unruhige Nacht gewälzt.
Draußen war scheinbar eine Hochzeit in Gang, die Knaller und Raketen hörten sich an, als sollte ganz Jaisalmer mitsamt Fort in die Luft gejagt werden. Dazu gab es Musik in Krawall und RemmiDemmi-Lautstärke, DeichkindKrawall & RemmiDemmi
Die eingefleischten Fans wissen natürlich, dass es sich bei Krawall und RemmiDemmi um einen Titel der Hamburger Band/Gruppe/ChaosCombo Deichkind handelt.
Ihre Live Auftritte sind legendär, auch wir werden es hoffentlich mal hinschaffen. Alle die neugierig geworden sind, können sich unter deichkind.de ein bisschen Krawall zu Gemüte führen und alle anderen werden uns diese kleine Schleichwerbung für Deichkind sicher verzeihen.
 wären sicher begeistert gewesen.

Freitag, 09.03.07

Dank des gescheiterten Kartenkaufversuchs am gestrigen Abend, hieß es heute wieder mal früh aufstehen und einen neuen Versuch starten. Der Schalter sollte um 8 Uhr wieder öffnen, ich wollte ein bisschen früher da sein und stand um 6 Uhr auf. Heute mussten wir ja auch noch bis 10 Uhr auschecken, also packte ich meine Klamotten schon mal grob zusammen. Steffi würde hier bleiben, das Zimmer räumen und bezahlen und auf mich warten, falls ich bis dahin noch nicht wieder zurück wäre.
Um diese Uhrzeit war es gar nicht so einfach, ein Tuk Tuk zu bekommen, die wenigen, die fuhren, waren belegt. Vor dem Stadttor fand ich dann einen Fahrer, für 30 Rs. fuhr er mich zum Bahnhof. 7.15 Uhr war ich da, die Idee mit dem früher anstellen hatten noch 20 andere Leute, es würde also wieder dauern.
Pünktlich 8 Uhr öffnete der Schalter und es ging erwartungsgemäß langsam voran. Mit Sorge sah ich wieder Soldaten in der Reihe stehen, doch bei den Jungs ging es diesmal am Schnellsten. Wie sich herausstellte, dauerte es bei den meisten Leuten so lange, weil sie ihre Fahrkarten umbuchen oder stornieren wollten, was einen Haufen Schreibkram mit sich brachte, den der eine Schaltermann alleine erledigte. Wenigstens die Sonne hatte Erbarmen und kam erst spät hinter den Wolken hervor.
Gegen 10.30 Uhr war ich dann auch schon dran, meine Sorge, dass es aufgrund der kurzen Buchungszeit keine Fahrkarten nach Delhi mehr geben würde, bestätigte sich zum Glück nicht. Noch ein paar Minuten später hielt ich dann die Karten in der Hand und machte mich per Tuk Tuk auf den Rückweg.
Steffi wartete vor dem Hotel auf mich. Sie hatte unsere Klamotten in die Rucksäcke gestopft, sie erst mal unten im Hotel deponiert und sich der Beobachtung des mehr oder weniger aufregenden indischen Straßenlebens gewidmet.
Neben dem kostenlosen Gepäckraum wurde uns auch eine Dusche und Toilette zur Benutzung angeboten, wirklich sehr zuvorkommend.
Zum Frühstück kehrten wir noch ein letztes Mal auf der Dachterrasse des Renouka Hotels ein. Dort planten wir auch die letzten Stunden, die wir bis zu unserer Abfahrt um 16 Uhr noch hatten.
Erst mal gingen wir zur Post an der Festung. Wir wären fast daran vorbei gelaufen, so unscheinbar war das Gebäude. Die Männer dort waren sehr beschäftigt, wir gaben unsere letzten Postkarten ab und wiesen sie darauf hin, dass sie die Karten doch bitte abstempeln sollten. Das taten sie dann auch ein bisschen widerwillig, vielleicht haben wir ihnen das erhoffte kleine Geschäft damit versaut. Aber unsere Karten sollten ja schließlich auch ankommen.
Beim letzten Besuch der Festung hatten wir noch zwei große Havelis entdeckt und versuchten nun, wenigstens einen von ihnen in dem Gassengewirr zu finden. Nach einem Weilchen kamen wir am Patwon-Ki-Haveli an. Es waren im Prinzip fünf Havelis aneinander und gegenüber gebaut, so dass eine schmale Gasse entstanden war. Diese Havelis waren um einiges größer und schöner als unser erstgesehenes, der Eintritt kostete 20 Rs. pro Person. 2 der 5 Häuser waren geöffnet, wobei das erste eingerichtet und restauriert war und im Erdgeschoss zahlreiche Händler beherbergte.
Im zweiten Haus war keine Einrichtung vorhanden, aber die Wand- und Deckenverzierungen dafür sehr gut erhalten.
Ein etwas lauteres Fiepen und Piepen irritierte uns etwas und wir dachten schon an Mäuse, was ja nicht weiter verwunderlich gewesen wäre. Unser Blick wanderte zur Holzdecke und da hingen sie. Mit Mäusen lagen wir gar nicht mal schlecht, dort hingen Fledermäuse. In fast jedem dunkleren Raum hingen sie rum, zappelten ab und zu und piepten vor sich hin. Schön, mal wieder so viele dieser putzigen Gesellen zusammen zu sehen.
So ganz entspannt waren wir natürlich nicht, schließlich hatten wir 16.00 Uhr einen Zug zu bekommen. So bummelten wir durch die Gassen zurück zum Basar, deckten uns noch mit Verpflegung ein und gingen zurück zum Hotel. Bei mir meldeten sich nach und nach heftiger werdende Bauchschmerzen, musste natürlich wieder vor einer Zugfahrt sein.
Vom Hotel ging es mal wieder mit einer Rikscha zum Bahnhof, die Jungs hatten hier in Jaisalmer ganz gut an uns verdient, aber sei’s drum. Zu Fuß war die Strecke nur etwas für geübte Fußgänger.
Der Bahnhof von Jaisalmer wurde gerade renoviert und umgebaut. Scheinbar waren die Arbeiten so gut wie beendet, denn ein paar Arbeiter begannen damit, eine Bühne aufzubauen. Zudem hingen überall Blumentöpfe an der Bahnsteigüberdachung. Die Leute auf dem Bahnsteig waren hauptsächlich Touristen, wobei Japaner bzw. ostasiatisch aussehende Menschen überwogen.
Unser Zug wurde hier eingesetzt und stand schon bereit. Unsere Plätze waren gleich an der Abteiltür, was ja eigentlich immer Unruhe bedeutete. Ich war froh über diese Plätze, da sie aus demselben Grund auch dicht an den Toiletten waren.
Unser Zug fuhr pünktlich 16.00 Uhr ab, es war nicht viel los, der Trubel würde wohl wieder unterwegs ausbrechen. So richteten wir uns häuslich und seelisch auf 20 Stunden Zugfahrt ein. Wir hatten uns wieder klimatisierte Dreier-Liegewagen gegönnt, alles andere wäre auf dieser Distanz zu anstrengend geworden.
Nach ca. einer Stunde war es mit der Ruhe vorbei, eine ziemlich große indische Familie stieg zu und fühlte sich sichtlich und hörbar wohl. Ihre MP3 fähigen Handys konnten eine erstaunliche Lautstärke entwickeln, willkommen zu “Indien tanzt“. Die unsererseits eingesetzten Ohrstöpsel konnten einen bleibenden Gehörschaden verhindern und so widmeten wir uns weiter unseren Büchern.
Eine Weile später kam der Vater zu uns, schob seinen Sohn vor sich her und bedeutete ihm, doch endlich ein Gespräch mit uns anzufangen. Er war elf Jahre alt und sprach ziemlich gut Englisch. Wir stellten uns vor und als er hörte, dass wir aus Deutschland wären, brachte er sogar ein paar Worte in deutsch an. Respekt !!!
Die beiden ließen sich bei uns nieder und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Es dauerte nicht allzu lange, da kam ein kleines Mädchen hinzu, seine Tochter. Wieder ein paar Augenblicke später erschien eine junge Frau, seine Frau. So saßen wir einträchtig zusammen, tranken Kaffee und tauschten Informationen aus. Sie kamen aus Jaipur, er war im Chemiegeschäft tätig, seine Frau restaurierte Bilder, bevorzugt Wandmalereien in Havelis. Sein Sohn hatte gerade ein paar Prüfungen hinter sich und Ferien. Sie hatten auch ein paar Tage Urlaub in Jaisalmer gemacht.
Sie fragten uns, wo wir denn schon überall gewesen wären, in Indien und auch sonst auf der Welt und berichteten stolz, dass sie auch schon eine 28 - tägige Europareise gemacht hätten. So waren sie unter anderem in Schottland, Frankreich, Deutschland, in der Schweiz, in Großbritannien und auch in der Türkei gewesen, in Letzterer allerdings nur zum Umsteigen. London und Paris hatten ihnen am Besten gefallen und natürlich Disneyland, meinte strahlend der Junge.
Ganz erstaunt waren sie, als wir ihnen erzählten, dass in Deutschland nur deutsch gesprochen wird. Was denn die zweite Sprache wäre? Es gibt keine zweite Sprache, nur Deutsch. Ja schon, aber nach dieser deutschen Sprache müsste es doch noch andere Sprachen geben. Sie konnten es nicht verstehen. Na ja, wenn man selbst in einem Land mit mehreren hundert Sprachen lebt und eine übergeordnete Sprache hat, dann konnte das durchaus unverständlich sein.
Da der Cricket Weltcup demnächst beginnen sollte, fragten wir noch nach, ob Indien denn stark genug wäre, um den Titel zu holen. Das erwartete euphorische “Ja, natürlich“ blieb aus, statt dessen gab es eine kurze Analyse der Mannschaften. Australien als amtierender Weltmeister wäre immer stark, dazu sei Neuseeland in bestechender Form, Südafrika hatte gerade erst in einem Testspiel die Inder klar geschlagen, Sri Lanka und England wären auch nicht die Schlechtesten. Indien hatte eine starke Mannschaft, aber ob es reichen würde, um gegen den Rest der Weltelite zu bestehen ... Zumindest wünschten sie es ihrem Team und hofften darauf, dass nicht schon wieder Australien den Titel holen würde.
Ob wir denn den Cup im Fernsehen verfolgen würden? Das würden wir gern, sagten wir, aber in Deutschland wird leider kein Cricket gezeigt, nicht mal die Ergebnisse der Weltmeisterschaft gibt es im Radio oder Fernsehen. Leichtes Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen. Kein Cricket? Nicht vorstellbar. Dafür aber Fußball sagten wir, ihr Interesse hielt sich jedoch in Grenzen.
So verging die Zeit wie im Flug und die Familie zog sich zur Nachtruhe zurück. Wir lasen noch ein bisschen, da tappte der Junge wieder heran und fragte, ob er sich noch ein bisschen zum Lesen zu uns setzen dürfe, bei ihnen sei bereits das Licht ausgeschaltet.
’Na klar, setz dich’.
Kurz darauf kam seine Schwester und wollte noch ein bisschen in ihrem Bilderbuch blättern.
’Na dann komm her’.
Irgendwann so gegen 22 Uhr kam dann der Ruf des Vaters, sie sollen uns in Ruhe lassen und schlafen kommen. Beide verabschiedeten sich artig und der Junge wünschte uns auf deutsch eine gute Nacht.
Bisher waren wir mit den sechs Liegen allein, wahrscheinlich würde es nachts wieder unruhig werden. Wir bauten schnell unsere Betten, Licht aus, gute Nacht.

Sonnabend, 10.03.2007

Dank der Bauchschmerzen wurde es eine unruhige Nacht für mich. Ich warf also wieder mal Tabletten ein, schließlich stand noch ein Tag in Delhi und dann ein ausgiebiger Flug auf dem Programm.
Gegen 5 Uhr verließ die Familie in Jaipur den Zug, unsere restlichen vier Liegen waren unbenutzt geblieben.
Ich wälzte mich noch ein bisschen in unruhigen Schlaf, gegen 8 Uhr war es dann genug, Steffi wurde auch wach.
12 Uhr sollten wir in Delhi ankommen, die paar Stunden schafften wir auch noch. Überhaupt war die Zugfahrt sehr angenehm – bis auf die Bauchschmerzen – und nicht so schlimm wie befürchtet, 20 Stunden Fahrt hörten sich doch erst mal ziemlich schlimm an.
Kurz vor Delhi fuhren wir durch einen Bahnhof, der mit Milchkannen vollgestellt war. Es waren tausende Kannen, die alle ausgespült mit der Öffnung schräg nach unten zum Trocknen lagen. Auch der Zug auf dem anderen Bahnsteig war mit Milchkannen vollgehängt, auf dem Dach saßen ebenfalls Leute mit Kannen. War hier der Milchumschlagplatz? Oder was wurde in den Kannen transportiert? Wir haben es nicht in Erfahrung bringen können, es sah aber äußerst seltsam aus.


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Jaisalmer-Bilder




Fort



Fort



Fort - Gasse



Fort - Gasse



Fort - Palast



Frauen



Sandstein Schnitzerei



Fensterbogen



Strasse



Lager der Kamelführer



Hütten



Wasserstelle



Unsere Kamele



In der Wüste



Spuren



Jungs & Mädels



Morgens



Bäume



Fort bei Nacht



Fahrkartenschalter



Frauen bei der Arbeit



Hawelis



Haweli



Balkon



Sandsteingitter



Hund nach Holi



Hund