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Delhi und der Weg dorthinDonnerstag, 15.02.07 Heute sollte es losgehen. Dieter holte uns pünktlich ab – noch mal Danke an dieser Stelle – und brachte uns nach Hamburg zum Flughafen. Wir hatten uns mal wieder für British Airways entschieden, auch wenn die letzten Erfahrungen mit dem Londoner Flughafen nun wahrlich nicht die Besten waren. Aber der Flugpreis war wirklich unschlagbar und mit der Zeit verblassen die schlechten Erinnerungen ja für gewöhnlich und man lacht über diese Geschichten. Zumal die Flieger und der Service an Bord sehr gut waren. Der British Airways Schalter war geöffnet und nur leicht frequentiert. Eine ausgesprochen nette, junge Frau erklärte uns den Checkin Automaten und 1 fix 3 war unser Gepäck aufgegeben. Wir gönnten uns noch eine Tasse Kaffee, dessen Inhalt, für den Flughafenpreis ruhig den halb hohen Pegel hätte überschreiten dürfen. Die Gepäckkontrollen verliefen äußerst entspannt, das Personal war sehr nett und zuvorkommend, selbst der uniformierte junge Mann an der Passkontrolle ließ sich zu ein paar Witzen hinreißen, so machte das wirklich Spaß. Ein großes Lob an den Hamburger Flughafen, den Kaffee mal ausgenommen. In London ging es da schon bedeutend hektischer zu, lange Wege und lange Schlangen vor den Kontrollen, aber wir hatten ja bei der Buchung an ausreichend Umsteigezeit gedacht. Es wurde strikt darauf geachtet, dass jeder wirklich nur ein Stück Handgepäck dabei hatte, alle anderen wurden gleich abgewiesen und mussten das Übergepäck aufgeben. Wir erreichten unseren Flieger rechtzeitig und starteten mit Verspätung, aber das konnte uns jetzt ja egal sein. Das Personal und der Service an Bord waren gewohnt gut, auch die Filmauswahl hatte einiges zu bieten, unter anderem “Babel“, der ja seltsamerweise in den deutschen Kinos kaum zu finden war. Natürlich waren alle Filme im englischen Original zu sehen bzw. hören, aber da konnten wir gleich mal unsere Englischkenntnisse ein wenig aufpolieren. Freitag, 16.02.07 Wir hatten per Internet in Delhi ein Zimmer im Harekrishna Hotel reserviert. Dort wurde auch ein Abholservice vom Flughafen angeboten, den wir sehr gern in Anspruch nehmen wollten, da wir keine Lust hatten, uns gleich nach Ankunft in Delhi ins Gewühl zu stürzen. Und mit Taxifahrern über Strecken und Preise zu verhandeln, von denen wir noch gar keine Ahnung hatten. Zudem wären wir vermutlich sowieso nicht beim Hotel unserer Wahl angekommen, sondern irgendwo gegen Provision abgesetzt worden. Die Passkontrolle in Delhi zog sich ziemlich lange hin, die richtige Gelegenheit, um sich schon mal mit dem “Geduldhaben“ anzufreunden. Auch am Gepäckband dauerte es, dann machte sich langsam ein ungutes Gefühl breit – Steffis Rucksack fehlte. Aber scheinbar waren wir nicht die Einzigen, bei denen noch nicht alles Gepäck angekommen war. Das Band wurde irgendwann abgeschaltet, das sah nicht gut aus. Bis schließlich ein junger indischer Mann daherkam und uns darauf hinwies, dass das Gepäck in einer Ecke neben dem Band abgestellt worden war. Steffis Rucksack war dabei, Schwein gehabt. Wir tauschten noch etwas Geld am Bankschalter in der Halle, dann gingen wir raus. Draußen war das totale Chaos, wir suchten unseren Fahrer anhand seines hochgehaltenen Zettels mit unseren Namen raus und beglückwünschten uns zu unserem Entschluss, uns abholen zu lassen. Das Auto hatte sicher schon erheblich bessere Tage gesehen, aber wie heißt es doch: Lieber schlecht gefahren, als gut gelaufen. Gleich auf den ersten Metern wurde klar – Delhi ist nichts für schwache Nerven. Auf der Strasse gab es zwar Spurmarkierungen, aber die schien niemand zu bemerken oder deuten zu können. Es wurden immer so viele Spuren eröffnet, wie Fahrzeuge auf die Straßenbreite passten. Und das konnten unglaublich viele sein. Egal ob Rikscha, Tuk Tuk, Auto, LKW, Bus, ein Motorrad oder Fahrrad passte mit Sicherheit immer dazwischen. Es wurde gehupt und gedrängelt und wir warteten eigentlich ständig auf knirschende Geräusche an unseren Fahrzeugseiten, aber die blieben aus. Scheinbar hatten alle hier ein verdammt gutes Augenmaß. Die Fahrt war entsprechend nervenaufreibend, aber es ging tatsächlich alles gut, die Götter mussten alle Hände voll zu tun gehabt haben. Das Harekrishna Hotel lag im Main Bazar in Neu Delhi. Der Main Bazar war so etwas wie die Khao San Road von Delhi, nur enger und dreckiger. Das ganze “Travellerviertel“ sah bei Tage betrachtet ziemlich runtergekommen und schmutzig aus. Wir wurden nicht im Harekrishna, sondern im Sanoop Hotel einquartiert, die lagen nebeneinander und gehörten zusammen, uns war es im Grunde egal. Das Doppelzimmer kostete 400 Rs. pro Nacht, 24 Stunden Checkout, die erste Nacht zahlbar im Voraus. Unser Zimmer war okay, bis wir unseren Jetlag ein bisschen pflegen wollten und kurz darauf Bauarbeiten im gegenüber liegenden Zimmer begannen. Der Jetlag siegte trotzdem und so haben wir doch noch ein wenig geschlafen. Mittags machten wir uns auf den Weg zum Tourist Office, um uns eine Stadtkarte und ein paar Informationen über Züge und Fahrpläne einzuholen. Das erste Tuk Tuk war unser und setzte uns natürlich prompt vor einem Reisebüro ab. Okay dachten wir, da kann man ja auch Fahrkarten kaufen und vielleicht haben die ja auch einen Stadtplan. Der gute Mann war sehr nett und engagiert, eine Karte hatte er auch für uns, alles war gut. So schien es. Er erklärte uns, dass er gleich zum Freitagsgebet müsste, sich aber schon mal unsere Daten und Ziele aufschreiben und dann gleich nach dem Gebet darum kümmern würde. Bis dahin würde er uns kostenlos ein Auto mit Fahrer zur Verfügung stellen, der uns ein bisschen durch Delhi chauffiert. Und zwar zu Zielen, die wir vorgaben. Das hörte sich doch gut an. Der Fahrer war nett und versuchte, uns während der Fahrt als Passagiere für eine Rajasthan-Rundfahrt zu gewinnen. Unterwegs hielten wir an einem Sikhtempel, hier waren irgendwelche Feierlichkeiten in Gang. Leider konnten wir nicht rein, da wir keine Kopfbedeckungen dabei hatten. Es gab zwar in Körben Tücher zum Ausleihen, aber wer wusste schon, wie sehr es die vorherigen Träger mit der Hygiene gehalten hatten. Weiter ging es zum India Gate, während unser Fahrer versuchte, uns als Passagiere für eine Fahrt nach Amritsar zu gewinnen. Das India GateDas India Gate Das umgangssprachlich 'India Gate' genannte 'All India War Memorial' soll der 90.000 indischen Soldaten gedenken, die im Ersten Weltkrieg für Großbritannien ums Leben kamen. Eingraviert sind Namen von 3.000 indischen und britischen Soldaten, die in Grenzkonflikten und im Krieg 1919 in Afghanistan starben. Natürlich wird mit dem India Gate auch der Toten durch die Kriege gegen Pakistan gedacht. war schon beeindruckend, allerdings war es abgesperrt und vom Militär bewacht. Eine Unmenge an fliegenden Händlern lief herum und versuchte, reichlich Kram an den Mann / die Frau zu bringen. Chips, Puppen, Spielzeug, Zuckerwatte, Sonnenbrillen ... Dann ging es weiter zum Präsidentenpalast, während unser Fahrer versuchte, uns für eine Tour nach Agra zu gewinnen. Der Palast lag am Ende der Prachtstrasse zum India Gate. Leider war die Sicht schlecht, es hätte ein schönes Bild abgegeben. Hier wurde Steffi von einem indischen Pärchen gebeten, sich doch mit ihnen zusammen fotografieren zu lassen, aber gerne doch. Wir fuhren noch kurz an unserem Hotel vorbei, während unser Fahrer ... bemerkenswert ruhig blieb. Scheinbar hatte er es aufgegeben uns als Fahrgäste anwerben zu wollen. Wieder zurück im Büro, wurden wir schon erwartet. Der junge Mann war scheinbar mit seinem Gebet fertig und nun bemüht, unsere Zugfahrkarten telefonisch zu ordern. Es dauerte eine Weile, dann meinte er, die Züge nach Amritsar und auch nach Agra wären die nächsten Tage ausgebucht. Es wären Feiertage und da könnte das schon mal vorkommen. Aber er könnte uns als Alternative einen Fahrer mit Wagen anbieten, der uns nach Amritsar, Agra und dann auch gleich noch durch halb Rajasthan fahren würde. Es hat fast eine Stunde gedauert, dann hatte er begriffen, dass so etwas für uns nicht in Frage kam und gab auf. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof, um unser Glück direkt vor Ort zu versuchen. Nachdem wir erst mal in die falsche Richtung marschiert waren, kamen wir aber doch noch richtig an. Am Bahnhof befand sich ein Gebäude mit großer Schrift – Railway Reservation Center. Na also, das war doch schon mal gar nicht schlecht. Drinnen war es ziemlich voll und auffälligerweise waren wir die einzigen Ausländer. Wir wurden darauf hingewiesen, dass dies die Schalter für Inder wären, sich die Touristenschalter in der ersten Etage befinden würden und von außen zu erreichen wären. Aber wir sollten schon mal die Reservierungszettel mitnehmen, die es draußen in einer Bretterbude gab. Dort wurde uns erklärt, dass die Touristenschalter wegen des heutigen Shivafestes geschlossen seien, es aber noch ein anderes Büro geben würde. Da wir die Feierlichkeiten schon mitbekommen hatten, erschien uns das zwar nicht unbedingt plausibel, aber durchaus möglich, schließlich waren wir ja in Indien. Ein Tuk Tuk wurde für uns organisiert, das uns zum anderen Büro bringen sollte. Die Richtung, die der Fahrer einschlug, kam uns sehr bekannt vor und so landeten wir eine Straße weiter als zuvor in einem weiteren Reisebüro. Schon während der Fahrt dämmerte es uns so langsam, dass wir da mal was über Schlepper gelesen hatten, die einem erzählten, dass das Reservierungsbüro geschlossen hätte, um einen zu einem Reisebüro mit ihrer Provision zu fahren. Aber was sollte es, wo wir schon mal hier waren, konnten wir auch noch mal versuchen, Zugfahrkarten zu bekommen. Aber auch hier dasselbe, Feiertage, Hauptreisezeit, keine Zugplätze für die nächsten 3 bis 5 Tage, je nach Fahrziel. Es kam, was kommen musste, uns wurde ein Fahrer mit Wagen angeboten, der uns durch die Gegend, speziell durch Rajasthan, chauffieren sollte. Wir erklärten auch hier, dass wir so etwas nicht wollten und ließen noch ein paar andere Zugverbindungen checken, keine Chance. Unser “Betreuer“ war wirklich gut und baute uns so nach und nach eine Route mit Fahrer auf, die uns sehr gut in den Kram passte. Auf den Geschmack mit eigenem Fahrer waren wir ja schon auf unserer kleinen Delhi Tour gekommen. Der Preis war anfangs ernüchternd, dann kam er uns mächtig entgegen, so dass wir nah dran waren, das Ganze gleich fest zu machen. Wir zogen die Bremse, baten uns eine Nacht Bedenkzeit aus und ließen uns von einem seiner Mitarbeiter zu unserem Hotel fahren. Im Grunde waren wir überzeugt. Aber ein Restzweifel an den Geschichten mit den nicht verfügbaren Zugfahrkarten blieb ja nun mal. Zwar wurde uns in beiden Büros dasselbe erzählt, was die vollen Züge betraf, aber trotzdem sahen wir im Reiseführer noch mal nach den Öffnungszeiten des Reservierungsschalters. Es war gerade 19 Uhr, der Schalter sollte bis 20 Uhr aufhaben, also noch mal los. Noch gar nicht ganz aus dem Hotel raus, blieb ich mit einem Hosenbein an einem Tuk Tuk hängen. Das entstehende Geräusch ließ nicht Gutes vermuten, ein Blick hinunter bestätigte es – die Hose war vom Knie bis unter die Wade aufgerissen. Und das gleich am ersten Tag, Klasse. Wir ließen uns von einer Fahrradrikscha zur New Delhi Railway Station fahren, folgten den Schildern in der Wartehalle hinauf in die erste Etage und fanden auch das Reservierungsbüro. Ein Schalter wurde frei, wir fragten den Mann nach einem Zug nach Amritsar am Sonntag. Lieber morgens oder abends und in welcher Preisklasse, wurden wir gefragt. “Sind denn Karten verfügbar?“ “Ja, natürlich.“ Wir sahen uns an. Das konnte doch nicht wahr sein, wir wurden den ganzen Nachmittag verarscht. Nun war es egal, wir füllten die entsprechenden Formulare aus und konnten sogar in Euro bezahlen, da wir nicht genug Rupien dabei hatten. Kurz vor acht Uhr wurde das Licht abgeschaltet, der Mann meinte: “Tja, Feierabend, der Strom wird jetzt abgeschaltet, die Tickets können erst morgen gedruckt werden." Wir sahen uns kurz an, dann wieder ihn. Er grinste schelmisch und zeigt auf seinen Drucker, unsere Karten lagen schon drin. Kurz darauf hielten wir sie in den Händen, unsere hart erkämpften Karten nach Amritsar und Agra. Auf dem Rückweg suchten wir einen Schneider für meine Hose und wurden in einer Seitengasse fündig. Die Reparatur dauerte fünf Minuten, kostete zwanzig Rupien und alles war wieder gut. Zurück im Hotel beendeten die Arbeiter gerade ihren Tag und wir gingen nach oben ins Restaurant zum Essen. Ich nahm ein gemischtes Curry, Steffi eine Kofta, beides sehr lecker. Überhaupt war die Terrasse sehr schön angelegt, ziemlich verschachtelt, mit kleinen Ecken und Treppchen. Sonnabend, 17.02.07 Heute früh um neun Uhr sollten wir vom Reisebüro abgeholt werden, um unsere Reise zu buchen. Das war natürlich keine Option mehr, nicht auf diese Weise. Der Chef war persönlich da, ich sagte ihm kurz und knapp, dass wir die Reise nicht machen würden, weil wir gestern abend Zugfahrkarten gekauft hätten. Ein kurzes Zucken in seinem Lächeln deutete darauf, dass er verstanden hatte. Er wünschte uns noch alles Gute und ich folgte Steffi zum Frühstück auf die Hotelterrasse. Es versprach ein schöner Tag zu werden, die Sonne schien und es war merklich wärmer als gestern. Wir planten unsere heutige Tour, sie sollte den Lakshmi Tempel, den gestrigen Sikh Tempel, das Rote Fort und die Jami Masjid Moschee umfassen. Nach kurzer Verhandlung ließen wir uns von einem Tuk Tuk zum Lakshmi TempelDer Lakshmi Tempel Der Lakshmi Tempel ist - wie der Name schon sagt - der Göttin Lakshmi gewidmet. Sie ist die Göttin des Geldes und des Wohlstandes. Der Tempel wird auch Birla Mandir genannt, nach seinem Stifter, dem indischen Industriellen Marwari Birla. - Lakshmi Narayan Mandir - fahren. Am Tempel gab es strenge Sicherheitskontrollen, Fotoapparate waren abzugeben und natürlich die Schuhe auszuziehen. Die Fotoapparate wurden in einem Schließfach verstaut, den Schlüssel bekamen wir, alles in Ordnung. Es war ein typischer Hindu Tempel, sehr gepflegt, mit einer Art Park dahinter, dessen Eingang separat und ohne Kontrolle war. Der Tempel bekam gerade einen neuen, dunkelroten Anstrich. Ein Arbeiter hing an einer Strickleiter und gab sein Bestes, inzwischen sah er fast so rot aus, wie der Turm selbst. Ein Blick auf die Karte verriet, dass es im Prinzip immer geradeaus zum Sikh TempelDer Sikh Tempel Der Bangla Sahib Gurudwara ist der bedeutendste Sikh Tempel in Delhi. Er ist ein Gotteshaus der Sikh Religion mit den typischen Merkmalen und Gepflogenheiten - Hauptgebäude mit Zwiebertürmen, künstlicher 'Heiliger See', kostenlose Essensausgabe usw. und steht allen Menschen, jeglicher Rasse und Konfession offen. - Bangla Sahib Gurudwara - ging. Also probierten wir es zu Fuß. Auf der Hälfte des Weges wurde der Weg zur öffentlichen Toilette, wie uns eindeutig menschliche Haufen verrieten. Zur Bestätigung kamen zwei kleine Jungs des Wegs, hockten sich ein paar Meter vor uns hin und verrichteten ihr großes Geschäft mitten auf dem Gehweg. Zwei Schritte weiter wären Büsche gewesen, aber die schienen nicht zur Debatte zu stehen. Am Sikh Tempel angekommen, hieß es erst mal Mütze ab und Tuch auf den Kopf, Schuhe abgeben und vor dem Betreten die Füße in einem kleinen Becken am Eingang waschen. Aus mehreren Lautsprechern schallte Sikh Musik über das Gelände, es war live, wie sich später herausstellte. Wir umrundeten das große Wasserbecken und ließen uns am anderen Ende nieder, um das Szenario zu beobachten. Die meisten Leute spritzten sich nur symbolisch das Wasser auf Haar und Gesicht, ein paar Einzelne gingen ganz hinein, wobei sie sich bis auf Turban und Unterhose entkleideten. Der für Sikhs wichtige und allzeit präsente Dolch wurde dabei in den Turban gesteckt. Steffi ging weiter, während ich sitzen blieb, um noch ein paar Fotos zu machen. Es dauerte nicht lange, da gab mir ein Tempelhüter zu verstehen, dass direkt am Becken nicht gesessen werden darf. Okay, okay, ich geh ja schon. Im Tempelinneren spielten drei schwarzgekleidete Sikhs die Musik, die auch draußen zu hören war. Die hineingehenden Gläubigen warfen sich an einem Absperrgitter auf die Knie und warfen Geld hindurch, dass gleich durch einen breiten Schlitz im Boden verschwand. Auf einem Schild wurde darauf hingewiesen, dass Spenden auch mit Kreditkarten getätigt werden konnten. Ja, die Sikhs verstehen was vom Geld verdienen. Wir ließen uns eine Weile nieder und lauschten der stimmigen Musik. Direkt am Schrein saß ein Priester, der Blumengeschenke entgegen nahm. Manche Blumenketten wurden auf den Schrein gelegt, manche wieder runtergenommen, einige blieben hinter ihm liegen, ein System war nicht zu erkennen, aber sicherlich vorhanden. Wieder draußen stellte ich mich in die Schlange, um einen Klecks von dem Essen zu bekommen, das hier kostenlos verteilt wurde. Es war ein süßlicher Brei, der entfernt nach Kuchen schmeckte. Scheinbar sah ich zu gut genährt aus, mein Klecks Brei, den ich in die Hand bekam, entsprach wohl höchstens einem Drittel der Menge, die die Inder bekamen. Man könnte natürlich Rassismus hineindeuten, aber ich belasse es bei dem Gedanken, dass der Essenausgeber seinen Leuten lieber etwas mehr gab, als den wohlgenährten Weißen. Obwohl die meisten Inder dort nicht gerade unterernährt aussahen. Eine Schulklasse versammelte sich auf dem Gelände, ein Mädchen brachte etwas schüchtern ihre Englischkenntnisse an und fragte mich wie es mir geht und wie ich heiße. Ich antwortete natürlich und fragte sie ihrerseits nach dem Namen. So fassten sich weitere Mädchen ein Herz, strahlten mich an und sagten ihre Namen auf. Natürlich blieb das den Jungs nicht verborgen, sie stürzten sich auf mich, schüttelten alle mehr oder weniger gleichzeitig meine Hand und riefen mir ihre Namen zu. Nun war ich von allen Kindern umringt, die alle durcheinander auf mich einredeten. Dann das Stichwort Foto und alle stimmten ein: Foto, Foto Foto ... Die Lehrerin versuchte ihre Klasse für ein Foto zu positionieren, ohne wirklichen Erfolg. Aber das Foto ist trotzdem, oder gerade deshalb, sehr schön geworden. Auf dem Weg nach draußen fragte uns noch ein Junge nach einem Foto, na dann los. Dann meinte er, er würde auch ein Foto von uns machen, mit unserem Apparat. Plötzlich kamen zwei junge Frauen angelaufen – vielleicht seine Schwestern – gaben ihm einen Klaps und meinten, er wäre total verrückt. Ist schon gut, meinten wir, aber das Foto wollte er dann nicht mehr machen, scheinbar traute er sich jetzt nicht mehr. Wir nahmen uns ein Tuk Tuk in Richtung Rotes Fort, nach ein bisschen verhandeln sollte es noch 60 Rs. kosten, also los. Es war eine ziemlich lange Tour, Stau natürlich inbegriffen, der Preis schien uns gerechtfertigt. Die Jami Masjid MoscheeDie Jami Masjid Moschee Die Moschee wurde im 17. Jahrhundert vom damaligen Herrscher Shah Jahan entworfen und gebaut. Sie beherbergt einige Reliquien Mohammeds. Seine Sandalen, ein rotes Barthaar und - wenn man es denn glauben möchte - seinen Fußabdruck auf einer Marmorplatte. Die Jami Masjid Moschee ist die größte Indiens und bietet 25.000 Gläubigen Platz. lag gleich gegenüber dem Roten Fort, hier gingen wir zuerst hinein. Wie üblich vor Sehenswürdigkeiten, hatte sich eine Händlermeile aufgebaut. Eine Menschentraube erregte unsere Aufmerksamkeit. In deren Mitte saß ein verschwitzter Mann mit einer kleinen Holzschatulle. Er redete beschwörerisch auf sie ein und einen Moment lang dachten wir, dass dort gleich ein weißes Kaninchen raushopsen würde, aber nein. Er malte einen Kreis um die Schatulle, dann ein Quadrat. Er markierte die Ecken des Quadrats mit Kreuzen und malte wieder einen Kreis. Dann schaute er finster in die Runde, sprang auf und pfefferte zwei kleinen Jungs welche, und zwar ordentlich. Das war unser Stichwort zu gehen, wir wollten nur ungern von einem verschwitzt und verwirrt aussehendem Inder eine gelatscht bekommen. Gefolgt von einem sehr aufdringlichen Bettlerjungen erreichten wir die Moschee, zogen unsere Schuhe aus und gingen hinein. Wir waren noch nicht allzu weit gekommen, da wurden wir auch schon ziemlich rüde gestoppt. Einer der Aufpasser forderte uns auf, eine Fotogenehmigung zu kaufen. Wir erklärten ihm, dass wir nicht vorhatten Fotos zu machen, aber das war ihm egal. Er war ein schmächtiger, abgebrochener Riese und führte sich auf, als würde ihm alles hier gehören; entweder Erlaubnis kaufen oder raus. Wir diskutierten noch eine Weile, aber dieser blöde Zwerg ließ nicht mit sich reden. Ein netter indischer Mann kam uns zu Hilfe, redete ruhig und leise mit dem Aufpasser, der sich immer mehr aufplusterte. Schließlich meinte der Mann, es wäre zwecklos, aber wir sollten nicht auf diesen „stupid man“ hören und einfach weitergehen. Das taten wir und keine drei Sekunden später stand er wieder vor uns, zeterte herum und faselte irgendwas von Police. Eigentlich hätte er sie ruhig holen können, aber wir besannen uns, um uns nicht endgültig auf dieses Niveau einzulassen. Wieder draußen, wollten wir gerade wieder losziehen, als uns doch die wirklich simple, fast salomonische Lösung in den Sinn kam. Wir gingen abwechselnd rein. Einer blieb mit den Fotoapparaten draußen, während der Andere, natürlich nicht ohne den Aufpasser anzugrinsen, hineinging. Die Moschee war sehr imposant, sie war schlichtweg gewaltig. Gut, es sollte ja schließlich auch die größte Moschee Indiens sein. Aber das war es auch schon, von den gigantischen Maßen mal abgesehen, war sie eher unspektakulär. So fiel die Besichtigung auch etwas kürzer aus, zumal ja schließlich draußen jemand wartete. Apropos draußen warten. Während ich draußen saß, kamen auch einige Touristen an, bei denen sich die gleichen Diskussionen abspielten, wie auch bei uns. Vielleicht sollte das Konzept hier mal überdacht werden, wenn das jeden Tag so geht, wäre ich als Aufpasser wohl auch genervt. Was den Giftzwerg aber nicht entschuldigen soll. Wir gingen zum Roten FortDas Rote Fort Das Fort wurde im 16. Jahrhundert erbaut und im 17. Jahrhundert durch Shah Jahan erweitert. Ironie der Geschichte: Wie sich herausstellen sollte, hatte er damit sein eigenes Gefängnis und Grab geschaffen. Sein eigener Sohn Aurangzeb entmachtete ihn und ließ ihn im Roten Fort einsperren, wo er auch starb. Für den Namen der Festung sorgte der Baustoff - Roter Sandstein. auf der anderen Straßenseite. Da wir nicht recht wussten, wo überhaupt der Eingang war, wählten wir das nächstgelegene Tor rechts von der Moschee und marschierten hin. Je näher wir kamen, desto deutlicher wurde, dass wir falsch waren. Angekommen fragten wir den dortigen Wachposten, er zeigte auf die andere Seite und meinte, hier wäre nur für Fahrzeuge mit Genehmigung. Toll. Also wieder zurück und das halbe Fort umrundet, das ja auch nicht gerade klein war. Beim anderen Tor war wesentlich mehr Betrieb und hier mussten wir auch Eintrittskarten für 2 Dollar oder 100 Rupien pro Nase kaufen. Beim aktuellen Dollarkurs waren wir mit Dollars besser bedient, wir hatten noch ein paar dabei. Dann ging es durch ein, von der Armee schwer bewachtes, Eingangtor hinein. Die Mauern konnte man leider nicht besteigen, sie waren gesperrt und bewacht. Auf dem Gelände sah es dann nicht mehr nach Fort aus, zahlreiche Gebäude, marmorne Audienzhallen und ausgedehnte Grünflächen bestimmten das Bild. Wir spazierten eine Weile herum, schossen ein paar Fotos und schickten uns an, wieder hinaus zu gehen. Ein paar Jungs gesellten sich zu uns, wir erzählten eine Weile mit ihnen, dann gab es noch ein Gruppenfoto und wir verabschiedeten uns. Wir verließen das Fort zu Sonnenuntergang und nahmen uns ein Tuk Tuk zurück. Dann hieß es noch Emails schreiben und Abendbrot essen. Die Mails schrieben wir bei uns im Hotel, dort gab es eine kleine Internetecke. Abendbrot gab es schräg gegenüber in einem kleinen Restaurant namens Khosla Cafè. Das Essen und der Kaffee waren gut, auch der Preis war in Ordnung. Scheinbar war hier der Treffpunkt der Franzosen, im Laufe des Abends wurden es immer mehr, aber das ihnen eigene Spektakel hielt sich noch in Grenzen. Vor unserem Hotel baute jeden Tag eine Garküche auf, die verschiedene Eierspeisen anbot. Das sah sehr gut aus und roch auch gut. Aber mit Eierspeisen von der Garküche ist das so eine Sache, wir hatten nicht vor, wissentlich Eierspeisen zu uns zu nehmen. Etwas seltsam anzusehen war, das derjenige neben seinen Eiergerichten auch Toilettenpapier verkaufte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Sonntag, 18.02.07 Der Morgen begann mit einem Schrecken. Scheinbar hatte ich den Wecker eine Stunde zu spät gestellt, zumindest war es halb sechs, als ich im Halbdunkel auf die Uhr schielte. Entsetzt fuhr ich auf und machte das Licht an, richtig, es war schon halb sechs. Um sechs Uhr wollten wir auschecken. Bezahlt war noch nicht, gepackt war nicht, gegessen hatten wir nichts, Mist. Steffi erwies sich als ausgesprochene Schnellpackerin und ich stand ihr in Nichts nach, so dass wir tatsächlich sechs Uhr unser Zimmer bezahlten und das Hotel in Richtung New Delhi Railway Station verließen. Es dauerte gerade zehn Minuten zu Fuss und wir waren schon da, es war schon ein Riesenunterschied zum Chaos tagsüber. So waren wir fast 40 Minuten vor Zugabfahrt da, zufällig wie es der Fahrkartenverkäufer empfohlen hatte. Unser Zug stand schon an der großen Leuchttafel in der Halle angeschrieben, es war der Shane Punjab Express, er sollte 6.50 Uhr vom Bahnsteig 8 abfahren und pünktlich sein. Das war er im Endeffekt nicht, aber das waren wir ja aus Deutschland gewöhnt. Wir kämpften uns auf dem hoffnungslos überfüllten Bahnsteig zu den Informationstafeln durch, unsere Namen standen angeschrieben, die Waggonnummer auch, schon mal sehr schön. Da wir nicht wussten, wie die Waggons angeordnet waren, wählten wir eine etwas dünner „besiedelte“ Stelle aus und warteten auf den Zug. Der kam, wie schon gesagt, mit Verspätung, etwa eine halbe Stunde. Wie es der Zufall wollte, hielt unser Waggon genau an unserem Standort, manchmal musste man eben Glück haben. Die Einstiege waren sehr schmal und auch die Gänge im Wagen waren nicht sonderlich breit. So wurde es ein heilloses Durcheinander. Die Gänge im Wagen waren schnell verstopft, trotzdem versuchten natürlich alle anderen zur Tür hineinzukommen. Es dauerte eine Weile, bis wir an unseren Plätzen angekommen waren. Dort saßen bereits Leute, aber als wir ihnen sagten, dass dies unsere Plätze wären, standen sie sofort auf, kein Problem. Wir zeigten ihnen trotzdem noch unsere Karten, nur damit es keine Missverständnisse gab. Die Sitze waren nicht besonders breit, trotzdem sollten jeweils drei Personen drauf passen. Dementsprechend war es sehr kuschelig, Körperkontakt garantiert. In Panipat stieg eine Familie zu, die sich auf der Sitzbank uns gegenüber platzierte. Es war eine indische Bilderbuchfamilie, gutaussehend, etwas besser betucht, zwei kleine, süße Töchter. Wir kamen etwas ins Gespräch, sie besaßen eine Taschenfabrik in Panipat. Wie die meisten Inder waren auch sie während der Fahrt ständig am Futtern, kauften Chips und Kleinigkeiten von den Verkäufern, die immer wieder durch den Zug kamen. Auch wir wurden aufgefordert, zuzugreifen. So wurde die gut 8-stündige Fahrt nicht langweilig, ein paar Stationen vor Amritsar stiegen sie dann aus. Hier stieg der Großteil der Leute aus, endlich konnten wir mal unsere Beine lang machen. |
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